Prof. Dr. Bernd Gerken

Naturwissensschaftler

Nach seiner Promotion forschte Gerken als Ökologe unter anderem am Lehrstuhl für  Geobotanik an der Universität Freiburg bei Otti Wilmanns, an der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (u. a. bei Werner Trautmann, BFANL) sowie an der Landesanstalt für Umweltschutz, Institut für Ökologie - bei Helmut Schönnamsgruber und Sabine Görs. Bei seinen Vegetationsstudien in den Rheinauen wurde Gerken vielfältig von Gerhard Hügin unterrichtet und hat mit ihm zusammengearbeitet. In Freiburg war er wesentlich an der von Otti Wilmanns geleiteten Pilotstudie für die Grundlagen einer landesweiten Biotopkartierung von Baden-Württemberg beteiligt, wobei es ihm gelang, als eine der wenigen Tiergruppen die Libellen in die Kartierung einzubeziehen. Zu seinen Aufgaben gehörten auch Kartierungsaufgaben in den Rheinauen zwischen Neuenburg und Karlsruhe (BFANL) und Feuchtgebieten Oberschwabens , u. a. an Vögeln sowie Großschmetterlingen.

1983 erhielt Bernd Gerken einen Ruf auf die Professur für Allgemeine Biologie und angewandte Tierökologie an der Universität Paderborn, Abteilung Höxter, im damaligen Studiengang Landespflege (der später in Landschaftsarchitektur und Umweltplanung umbenannt wurde).

In Fortsetzung seiner Arbeiten im Schwarzwald (dort um 1980 u. a. ein Projekt zur Wiedervernässung des Eschengrundmoos) widmete sich Gerken in Höxter entsprechenden Arbeiten in Moorgebieten des Solling (Libellen des Hochmoores Mecklenbruch) und des Eggegebirges (Libellen u. a.), dort v. a. mit faunistisch-ökologischen Erhebungen bei der Wiedervernässung des Schwarzen Bruchs. Im weiteren Verlauf widmete er sich dem Gebiet der Kulturlandschaftspflege in Agrargebieten (Flurbereinigung), dabei insbesondere der Zustandsdokumentation, Pflege und Entwicklung von Magerrasen.

Wie schon in Freiburg forschte Gerken weiter auf dem Gebiet der Auenökologie, wobei er seine Arbeit auf mehrere europäische Auengebiete ausdehnen konnte. Südlicher Oberrhein, Durance im Südosten Frankreichs, Allier und Theiß wurden und werden intensiv erforscht. Gerkens auenökologische Forschungen mündeten unter anderem in eine langfristig angelegte Zustandsdokumentation von Auenbereichen an der Oberweser, die maßgeblich durch das Bundesamt für Naturschutz gefördert wurde und in Maßnahmen zur Revitalisierung ausgewählter Gebiete erprobt und entwickelt wurden. Oberweserniederung; u. a. Gerken & Dörfer 2002). Ein durch Gutachten eingeleitetes Projekt zur Wiederbelebung der Altenau durch den späteren Leiter von Riverwatch Wien, Dipl.-Ing. Ulrich Eichelmann, konnte nach 27 Jahren im Jahr 2017 erfolgreich abgeschlossen werden (Ausführung unter wesentlicher Mitwirkung des WOL und aller relevanten Behörden und Verbänden in Ostwestfalen).

Gerken war einer der wesentlichen Initiatoren des Hutewaldprojektes im Naturpark Solling-Vogler, das als E&E-Vorhaben bis 2006 an der Hochschulabteilung Höxter geführt wurde (Gerken, Wagner, Sonnenburg 2004). Es wird seither unter der Ägide der Landesforsten Niedersachsen und des Naturparks Solling-Vogler fortgeführt. Seither wurde die ursprüngliche Projektfläche erweitert, das Projekt auf weitere Flächen in Tälern und Moorgebieten des Solling ausgedehnt, und es wurden weitere Weidetier-Rassen einbezogen. Das Projekt dient dem Fortbestand typischer Hutewaldstrukturen und ihrer Lebensgemeinschaften, wie sie sowohl von Natur aus, als auch in der von Menschen geprägten Kulturlandschaft, eine entscheidende Grundlage für die europäische Biodiversität bilden ("Hutewald-Paradoxon") Das Projekt zeigt eindrücklich, welche herausragende Bedeutung großen Weidetieren bei Entstehung, Bestand und Entwicklung der europäischen und letztlich weltweiten Biodiversität zukommt.

Unter anderem gehört Gerken zu einer Ökologengeneration, die sich gegen statische Auffassungen in der Vegetation richten, wie sie mit dem Begriff der Potenziellen natürlichen Vegetation verbunden ist.Seiner Auffassung nach war der Wald in Europa seit der Eiszeit nicht großflächig geschlossen (z. B. als Rotbuchen-Urwald), sondern bildete in weiten Teilen eine Baumsavanne, die durch große Weidetiere offen gehalten wurde – und der Mensch wirkte frühzeitig darin mit. Aus dieser Landschaftsstruktur lässt sich die um 1850 bis 1950 in Mitteleuropa noch nachgewiesene Artenvielfalt unmittelbar ableiten – und zwar jene Artenvielfalt, die wir in den Naturschutzbestrebungen bis heute zu erhalten versuchen. Er vertritt auch die Auffassung, dass der Mensch in das Gefüge aller Lebewesen hinein gehört, und nicht als Irrläufer der Evolution missverstanden werden sollte. Die irdische Natur entfaltet sich seit 4 Milliarden Jahren zu einer auffallenden Vielfalt der Lebensformen und Ökosysteme hin. Menschen sollten daher erkennen, dass es an jeder Lebensform dieser Erde liegt, sich in ein Ganzes zu integrieren, statt eine einseitige Dominanz anzustreben. Menschen haben die Aufgabe, ihre Eingriffe in die Ökosysteme entschieden auf diese abzustimmen, statt sie dominieren zu wollen, wie es beispielsweise durch eine monotonisierende und Gift-begleitete Intensiv-Landwirtschaft und auch durch eine noch immer auf Holzackerbetrieb und Insektizide setzende Forstwirtschaft geschieht (auch 2019 und 2020 gilt es noch als akzeptabel, im Forst Pestizide einzusetzen, um mit standortfremd angebauten Holzarten "Försterwälder" zu erhalten). Auf allen von Menschen genutzten Flächen gilt es vielmehr, der Natur die Richtungs-Weisung zu erlauben.

Kooperationspartner sind resp. waren Behörden und Verbände in Baden(-Württemberg) u. a. LfU Karlsruhe, Städte wie u. a. Höxter, Holzminden, Ämter wie u. a. WSA Oberweser, Reg.-Bez.Detmold, die ehemalige LÖLBF Recklinghausen, Ministerien in Stuttgart, Düsseldorf und Bonn, das BfN Bad Godesberg und EU sowie Verbände, wie BLVNN Freiburg, BUND, NABU Kreis Höxter, Lottostiftung, NuKLA.